(in: Hertener Allgemeine vom Samstag, 21. Januar 2017)

Benedikt Koch holt Trauernde da ab, wo sie stehen

Möglichmacher und Seelsorger

Wer heute ein Bestattungshaus betritt, wünscht sich nicht nur fachgerechte Beratung und die Organisation einer Beerdigung, auch menschlich-professionelle Anteilnahme ist immer häufiger gefragt. Bestatter sind immer ein Stück weit Seelsorger, davon ist Benedikt Koch überzeugt. Diesem Thema widmete der Quereinsteiger in den Bestatterberuf sogar seine Bachelorarbeit.


Zuerst wird eine Kerze angezündet. „Das mache ich für alle Trauernden, die zu uns kommen“, erklärt Benedikt Koch vom Hertener Bestattungshaus Götza. „Es ist meine Art, Mitgefühl zu zeigen und vielleicht ein erstes Licht, einen Hoffnungsschimmer in die Situation direkt nach einem Todesfall zu bringen.“ Der 34-jährige hat 2011 seinen Beruf bei Bestattermeister Peter Hann-Wenner von der Pike auf gelernt und übt ihn aus tiefster Überzeugung aus. „Bestatter zu sein ist für mich eine echte Berufung“, sagt Benedikt Koch. Umso mehr, weil ihm zunächst zwei völlig andere Werdegänge den Berufsweg zum Bestatter ebneten.

Treu seinem Namen nach fiel die erste Wahl mit 16 Jahren auf den Beruf des Kochs. „Ich lernte in einem 4-Sterne-Hotel und bekam mit 19 Jahren eine Stelle in einem Schlosshotel in der Schweiz. Nach nur zwei Monaten war ich dort zweiter Chefkoch“, erzählt Koch. „Doch das konnte nicht alles gewesen sein, dachte ich mir.“

Nach seinem Zivildienst und einem halben Jahr als Koch in einem Benediktinerkloster am See Genezareth in Israel entschied sich der ehemalige Messdiener und Sänger im Kirchenchor für das Studium der Religionspädagogik an der Katholischen Hochschule in Paderborn. Das Erzbistum Paderborn sprach ihm die Empfehlung aus, Priester zu werden. Im 4. Semester funkte die Liebe dazwischen: „Ich hatte eine Frau kennengelernt und mir wurde klar, dass ich einmal heiraten und Kinder haben wollte. Da die Kirche mich aber als katholischen Priester oder gar nicht haben wollte, legte ich mein Studium schweren Herzens auf Eis.“

Der katholische Weg war kurz vor der Abschlussarbeit versperrt, doch Studienfreunde erinnerten Benedikt Koch daran, wie gut ihm das Modul „Trauerpastoral“ gefallen hatte. „Das ist ein Studienmodul, welches werdende Priester und Gemeindereferenten zum Umgang mit Trauernden befähigen soll. Auf dem Programm hatte auch der Besuch eines Bestattungsinstitutes gestanden“, erinnert sich Koch. „Ich erkannte, wie hoch meine Bereitschaft war, Ansprechpartner für Menschen zu sein, die um einen Angehörigen trauern.“

Während der Ausbildung zum Bestatter bestätigte sich: Die Menschen da abholen, wo sie gerade stehen, ihnen die Hand reichen und gemeinsam Wege durch die schweren Stunden finden, das ist Benedikt Koch ein ehrliches Anliegen. Für den gläubigen Christ ist es sogar ein Auftrag: „Zu den Werken der Barmherzigkeit gehört das würdige Verabschieden der Toten und das Trösten der Trauernden.“

Im Gespräch bei Kerzenschein versucht Benedikt Koch herauszufinden, wie genau die persönliche Abschiednahme von einem geliebten Menschen aussehen könnte. „Es geht uns sehr darum, dass die Angehörigen ihrer ganz eigenen Trauer Ausdruck verleihen und dass sie sich aufgefangen fühlen – ob sie Mitglied in der Kirche sind, an Gott glauben oder nicht.“ Die Möglichkeiten sind vielfältig: Zum Beispiel die Frau, die wie versteinert war, als ihr Ehemann gestorben war. Im Gespräch mit dem Bestatter hatte sie erwähnt, dass sie von Beruf Krankenschwester sei. „Wir fragten sie, ob sie sich vorstellen könnte, bei der hyghienischen Versorgung ihres Mannes zu helfen. Und genau bei diesem Mitanfassen brach das Eis, die Witwe konnte ihre Trauer zulassen und ihren Mann auf seinem letzten Weg begleiten.“ Bei einer anderen Beerdigung waren alle Trauergäste eingeladen, den Sarg mit einem letzten Gruß zu bemalen.

Ob stiller Abschied oder pompöses letztes Geleit – machbare Wünsche werden erfüllt: Eine Tochter nahm die Urne ihrer Mutter für die Tage vor der Beisetzung mit nach Hause. Kinder malten Bilder für ihre Verstorbenen und legten sie mit in den Sarg. Andere Sargbeigaben können Abschiedsbriefe der Verwandten oder persönliche Gegenstände sein. „Einmal musizierte eine Familie bei der Aufbahrung und zum Schluss lag dann eine Mundharmonika im Sarg“, erinnert sich Koch. Ein anderes Mal spielte eine Dixielandkapelle zur Beerdigung auf, sogar eine prächtige Pferdekutsche kam schon zum Einsatz.

Auch für die Trauerzeit nach der Beerdigung fehlt es im Bestattungshaus Götza nicht an Anregungen. „Wir hatten zum Beispiel einen Diavortrag von einer Frau, die Pilgerwanderungen für Trauernde auf dem Jakobsweg anbietet“, weiß Koch. Regelmäßige Veranstaltungen wie Lesungen, Vorträge oder Mitsingabende besonders in der Herbst- und Winterzeit locken nicht nur Trauernde aus den eigenen vier Wänden.

Sein Studium nahm Benedikt Koch nach bestandener Prüfung zum Bestatter wieder auf, es fehlte eigentlich nur noch die Bachelorarbeit. „Als Papst Franziskus 2016 das Heilige Jahr der Barmherzigkeit ausrief, war mein Thema klar: Der Bestatter als Seelsorger.“ Denn zu den Werken der Barmherzigkeit gehört es, die Toten in Würde zu verabschieden und die Trauernden zu trösten. Es entstand eine beinahe biografische Arbeit, die in kirchlichen Gefilden dafür werben möchte, dass sich Pastoren und Bestatter mit mehr Verständnis füreinander begegnen. Kurz nach Abgabe der Bachelorarbeit heiratete Benedikt Koch im Schloss Herten. Ehefrau Mirjam hatte der frischgebackene Papa eines Sohnes übrigens über den Beruf kennengelernt. Bestatter wird Benedikt Koch mit Leib und Seele bleiben – und mit immer wieder neuen Zielen: „Ich hätte große Lust, einmal gemeinsam mit Trauernden zu kochen.“

Text: Karin Bruns

Foto: Peter Hann-Wenner